von Eric Bogosian / Deutsch von Thomas Huber
Barry Champlain ist ein Star und ein echtes Ekelpaket. Nacht für Nacht legt er in seiner Call-in-Radio-Show in Dallas die Verlogenheit der Welt bloß. Wer bei ihm anruft, muss davon ausgehen, verspottet und beschimpft zu werden. Ungeschminkt und egomanisch zerpflückt Barry seine Feinde, und das sind für ihn als erfolgreicher liberaler Großstädter jüdischen Glaubens alle Spießer, Rechten, Drogenkonsumenten, Landeier – die Liste ließe sich fortsetzen. Trotzdem oder gerade deswegen ist seine Show die beliebteste des Senders und damit auch die wichtigste Einnahmequelle seiner Produzenten.
In der Nacht, in der das Stück spielt, bittet ihn sein Produzent Dan bei laufender Sendung, heute etwas zurückhaltender zu sein, weil ein landesweiter Sender die Show übernehmen will. Nicht mit Barry – der haut erst recht mit dem Löffel in die Suppe, weil er weiß, dass die Sendung nur deshalb so beliebt ist. Er lädt einen völlig verwirrten Hörer ein, ins Studio zu kommen, beleidigt einen Neo-Nazi, der ihm mit Mord droht, und teilt überhaupt noch derber aus als sonst. Am Ende bekommt er, was er will. Doch auf dem Weg zu seinem Auto steht der Neo-Nazi plötzlich vor ihm, mit einer Waffe in der Hand …
Über 20 Jahre vor Facebook, Twitter & Co. beschreibt Eric Bogosian, wie Menschen zu verbalen Dreckschleudern mutieren, wenn sie sich anonym äußern dürfen. Wahnsinnig komisch und mit atemberaubendem Tempo jagt seine Hauptfigur den Zuschauer durch Abgründe und Banalitäten des Alltags. Das Stück basiert auf der wahren Geschichte des Radiomoderators Alan Berg, der von einem Nazi erschossen wurde. Es war 1987 für den Pulitzer-Preis nominiert und die Verfilmung von Oliver Stone gewann 1988 einen Silbernen Bären auf der Berlinale.
Besetzung
Premiere: 14. Dezember 2018 / Kleines Haus
Dauer: ca. 1 Std. 20 Min., keine Pause
Einführung jeweils 30 Minuten vor Vorstellungsbeginn im Foyer des Kleinen Hauses (außer am Premierentag).
«Nach und nach schält sich das Produktionsteam im grauen Dress aus dem Zwielicht. […] Sie alle kreisen wie Satelliten um Barry, der ihre Ergebenheit für selbstverständlich nimmt. Diese kleinen Auftritte wirken ganz groß […]. Ganz groß sind auch die gesprochenen Mini-Dramen vom Bühnenrand, in dem die Darsteller der Nebenrollen noch einmal glänzen können.»
Anne Stürzer, Nordsee-Zeitung, 17.12.2018
«John Wesley Zielmann weiß die Rolle ja voll auszufüllen: ist dann smart, wenn er vermeintlich gleichgesinnte Anrufer*innen abblitzen lässt, und leichtfüßig, wenn er einen widerlichen Holocaustleugner vorführt. Manchmal springt er auch auf und lässt einen mit seinem Gebrüll zusammenzucken – dann hat ihn jemand so richtig gelangweilt. Ritters Regie überlässt ihm diesen Raum […].»
Jan-Paul Koopmann, nachtkritik.de, 15.12.2018
«Die Inszenierung setzt auf Licht und Nebel, was eindrucksvoll funktioniert: Wenn sich aus der Nebelsuppe die Figuren als dunkle Schattenrisse abzeichnen […].»
«Gerade in Zeiten des Wutbürgertums wirkt es wie das Stück der Stunde.»
Christine Gorny, Radio Bremen Zwei, 14.12.2018