Programm
ROBERT SCHUMANN
Drei Romanzen für Oboe und Klavier op. 94
Nicht schnell
Einfach, innig
Nicht schnell
ROBERT SCHUMANN
Märchenerzählungen.
Vier Stücke für Klarinette (Oboe), Viola und Klavier op. 132
Lebhaft, nicht zu schnell
Lebhaft und sehr markiert
Ruhiges Tempo, mit zartem Ausdruck
Lebhaft, sehr markiert – etwas ruhigeres Tempo
PAUSE
CLARA SCHUMANN
Drei Romanzen op. 22
Einrichtung für Oboe und Klavier von Luc Durand
Andante molto
Allegretto: Mit zartem Vortrage
Leidenschaftlich schnell
AUGUST KLUGHARDT
Schilflieder op. 28 für Oboe, Viola und Klavier.
Nach Gedichten von Lenau
Langsam, träumerisch
Drüben geht die Sonne scheiden
Leidenschaftlich erregt
Trübe wird’s die Wolken jagen
Zart, in ruhiger Bewegung
Auf geheimen Waldespfade schleich’ ich gern im Abendschein
Feurig
Sonnenuntergang, schwarze Wolken zieh’n
Sehr ruhig
Auf dem Teich, dem regungslosen, weilt des Mondes holder Glanz
FREI, ABER EINSAM – SELTENE MUSIK DER ROMANTIK
In Robert Schumanns (1810 – 1856) letzter Schaffensperiode entstanden vor allem intime Werke, die vor dem revolutionären Hintergrund der Jahre 1848 / 1849 gerne als Rückzug in eine fast biedermeierlich zu nennende Idylle verstanden wurden. Das Neue an diesen Zyklen ist eine sich in die Unwirklichkeit öffnende Fantasie, die geradezu träumerisch allzu strenge formale Vorgaben auflöst. Gleich die Drei Romanzen op. 94 von 1849 zeigen dies beispielhaft. Die beiden äußeren Romanzen beginnen in einer dunklen Mollstimmung, bieten aber in ihrem wortlos erzählenden Ton ein reiches Spektrum verschiedenster Ausdrucksfarben. Die mittlere Romanze beginnt in hellerem Dur, dem im Zentrum ein leidenschaftlicher Ausbruch gegenübersteht. Beide Partner agieren hierbei gleichberechtigt, wobei die Oboe melodische Schwerpunkte setzt und ein dichter Klaviersatz sie begleitend stützt.
Die Märchenerzählungen op. 132 entstanden im Oktober 1853 unmittelbar vor Ausbruch seiner Geisteskrankheit, die Schumann dann im März 1854 auf eigenen Wunsch in ein psychiatrisches Krankenhaus brachte, wo er zwei Jahre später verstarb. Davon ist in diesem Stück nichts zu spüren. Der erste Satz beginnt mit einer leicht sich nach oben schwingenden Kantilene, die zunächst von der Bratsche vorgestellt wird. Begleitet wird sie von getupften Abwärtsbewegungen. Im zweiten Satz umschließt ein markanter Marsch eine lieblichere Episode. Der folgende langsame Satz verbindet in lyrischen Dialogen die Motive des Stücks. Im dreigeteilten Schlusssatz umrahmen auftrumpfend lebhafte Abschnitte einen zurückhaltend gesanglichen Mittelteil.
Als Clara Schumann (1819 – 1896) mit 71 Jahren ihr letztes Kon-zert gab und die Bühne verließ, blickte sie auf eine Karriere als europaweit gefeierte Klaviervirtuosin von mehr als 60 Jahren zurück. Da hatte sie ihren Ehemann Robert schon um fast 40 Jahre überlebt, sich vehement um dessen Nachlass gekümmert, junge Musiker gefördert – wie z. B. Johannes Brahms und natürlich auch die alleinige Verantwortung für die acht (!) gemeinsamen Kinder mit Robert getragen. Die Drei Romanzen op. 22 entstanden um 1853. Sie gehören zu Claras letzten Werken, denn nach dem Tod von Robert 1856 hat sie kaum noch komponiert. Einen melancholisch und zugleich schwelgerischen Dialog von Oboe und Klavier entfaltet das erste Andante molto. Dunklere Farben ziehen sich auch durch das um helle Zwischentöne bereicherte Allegretto. Die letzte Romanze ist fast so lang wie die beiden anderen zusammen, und die weit ausschwingenden Kantilenen der Oberstimme begleitet ein virtuos-fließender Klavierpart.
August Klughardt (1847 – 1902) dürfte einem größeren Publikum kaum bekannt sein. Er hat in Dresden studiert, war nach mehreren Stationen über 20 Jahre Hofkapellmeister in Dessau und hat immer komponiert, darunter fünf Sinfonien und mehrere Opern. Er war mit Richard Wagner und Franz Liszt gut bekannt. Seine Musiksprache steht allerdings eher in der Nachfolge Robert Schumanns und Felix Mendelssohn Bartholdys. Seine Schilflieder sind aktuell seine meistgespielte Komposition, und mit ihnen begeben wir uns mitten in das Herz der deutschen Romantik. Sie erzählen nach dem gleichnamigen Gedichtzyklus von Nikolaus Lenau von 1832 in wunderbaren Naturbildern von der Trauer um eine verlorene Liebe. Die Metaphern waren für Klughardt so wichtig, dass er sie musikalisch untermalte. Am Ufer eines Teichs geht das Lyrische Ich seiner Melancholie nach, die sich in verschiedenen Gefühlszuständen ausdrückt. Im ersten Satz steht unser Protagonist in der «Tiefe der Verzweiflung» im Sonnenuntergang an einem mit Trauerweiden bewachsenen Ufer. Peitschender Regen in tiefer Nacht spiegelt im nächsten Satz seine Schwermut wider. Schmerzliche Tränen fließen im folgenden Satz, als er sich an den Klang der Stimme seiner nun «spurlos im Teich versunkenen» Geliebten erinnert. Ihr Bild erscheint ihm auf dem von Blitzen erhellten Teich im für das Klavier hochvirtuosen vierten Satz. Trost findet er schließlich im ruhigen Schlusssatz, in dem die süßen Erinnerungen an die ferne Geliebte «wie ein stilles Abendgebet» verklingen.
Hermann Keßler