Inhalt
«Wi sünd echt en kaputte Familie.» Das denkt sich die 14-jährige Kathi, als ihr Vater ihre Mutter Lilli für ein Dessous-Model verlässt. Und dann kümmert sich ihre Oma nicht mal um sie, sondern meint, sie müsse sich in einem Aschram selbst finden. Jetzt plant ihre Mutter, sie jeden Tag nach der Schule zu ihrer veganen Freundin Linda zu schicken. Das ist doch das Allerletzte, findet Kathi! «Ik bün doch keen Koh.» Doch dann klingelt plötzlich ihr Opa Paul, der Vater ihres Vaters, an der Tür, der extra für sie aus Indien hergekommen ist! Kathi freut sich, endlich ihren Opa kennenzulernen. Nur leider ist Mutter Lilli nicht so glücklich darüber. Es geht doch nicht, dass er sich noch nie für sie interessiert hat, und jetzt plötzlich nach der Trennung meint, dass er bei ihnen aufkreuzen kann! Lilli wirft ihn hochkantig wieder aus der Wohnung. Jedenfalls denkt sie das. Kathi will ihren Opa nämlich auf keinen Fall verlieren, und kurz darauf taucht das etwas alte Au-Pair-Mädchen «Pauline» auf, um sich um Kathi zu kümmern. Mit einem mysteriösen Rosenstrauß, einer überlaufenden Badewanne, einer unerwarteten Liebe und einer von einem Staubsauger verschlungenen Perücke wird der Abend nie langweilig. Nun haben Kathi und «Pauline» alle Hände voll zu tun, damit ihr Geheimnis nicht auffliegt.
Viktoria Scharf
Inholt
«Wi sünd echt en kaputte Familie.» Dat denkt sik de 14-johrige Kathi, as ehr Vadder ehr Mudder Lilli för een Dessous-Modell verlaaten hett. Un denn kümmert sik ehr Oma nich mal um se, wiel se meent, se mutt sik in een Aschram sülvst finnen. Nu plant ehr Mudder, se elkeen Dag na de School du ehr vegane Fründin Linda to schicken. Dat is doch dat allerletzt, meent Kathi! «Ik bün doch keen Koh!» Doch denn bimmelt opmaal ehr Opa Paul, de Vadder von ehr’n Vadder, an de Döör, de blots för se ut Indien tröch kamen is! Kathi freit sik, endlich ehren Opa kennentolehren, aver Mudder Lilli is nich so glücklich daröver. Dat geiht doch nich, dat he sik noch nie nich för se interesseert hett, un nu opmal na de Trennung meent, dat he bi jem opkrüüzen kann! Lilli smeet em hoochkantig wedder ut de Wohnung. Tominnst denkt se dat. Kathi will ehren Opa naamlich op keen Fall veleeren, un kort dornah dükert de een beten wat ollere Au-Pair-Deern «Pauline» op, um sik um Kathi to kümmern. Mit een mysteriösen Rükelbusch, een överlopende Badwann, een unverwachte Leevd un een vun en Huulbessen opsogene Prück ward de Avend nie nich langwielig, un Kathi un «Pauline» hebbt alle Hännen vull to doon, dat ehr Geheemnis nich an’t Licht kummt.
Viktoria Scharf
Trennungsfolgen für Kinder
Wenn sich Eltern trennen, leiden die Kinder oft am meisten. Sie sind unschuldig und können die komplexen Umstände der Trennung nicht verstehen. Sie erleben das schmerzhafte Auseinanderbrechen der Familie und müssen mit den Konflikten zwischen den Eltern umgehen, was eine enorme emotionale Belastung darstellt.
Jüngere Kinder äußern ihre Unzufriedenheit meistens offen, etwa durch häufige Wutausbrüche oder Tränen, aber auch ältere Kinder und Jugendliche werden stark belastet. Sie distanzieren sich von ihren Eltern, entwickeln aggressives Verhalten, rebellieren oder nutzen Alkohol und Drogen als Bewältigungsmechanismen. Auf der anderen Seite können sie auch ein starkes Nähebedürfnis entwickeln und sich einsam fühlen.
Kinder erleben häufig einen inneren Konflikt zwischen ihren Eltern und kämpfen mit Loyalitätsproblemen. Sie haben Zukunftsängste und fühlen sich für die Trennung manchmal sogar verantwortlich. Diese emotionalen Belastungen können zu Schlaf- und Kon-zentrationsproblemen führen, die wiederum die schulischen Leistungen beeinträchtigen können. Viele Kinder kämpfen mit ihrem Selbstwertgefühl und entwickeln Identitätsprobleme, die sie oft ein Leben lang begleiten.
Mehrere Faktoren beeinflussen, wie gut Kinder mit der Trennung zurechtkommen. Kinder, die Schwierigkeiten haben, ihre Gefühle auszudrücken oder um Hilfe zu bitten, sind oft stärker belastet. Ebenso wirken sich zusätzliche Veränderungen wie ein Umzug, Schulwechsel oder der Verlust von Freunden negativ aus, da Kinder sich in vielen Bereichen ihres Lebens gleichzeitig anpassen müssen. Wenn zudem finanzielle oder gesundheitliche Probleme hinzukommen, wird die Belastung zusätzlich verstärkt.
Ein weiterer wichtiger Faktor nach der Trennung der Eltern, ist der Umgang miteinander. Wenn sie gut zusammen auskommen und die Kinder weiterhin gemeinsam betreuen, fällt es den Kindern in der Regel leichter, mit der neuen Familienstruktur umzugehen, da sie das Gefühl haben, von beiden Elternteilen unterstützt zu werden. Wenn die Eltern jedoch Konflikte austragen, schlecht über den anderen reden oder sich bei der Erziehung in den Rücken fallen, führt das bei den Kindern zu Unsicherheit. Sie fühlen sich möglicherweise gezwungen, zwischen den Eltern zu wählen, was vor allem Jugendliche häufig nutzen, um ihre eigenen Grenzen auszutesten.
Manchmal stellt die Trennung für Kinder auch eine Erleichterung dar, besonders wenn die Eltern zuvor viel gestritten haben oder es zu Missbrauch oder Gewalt kam. In solchen Fällen ist die Trennung manchmal sogar eine Erleichterung für die Kinder, damit Ruhe und Sicherheit in ihr Leben einkehrt.
Am besten ist es für Kinder, wenn so viele Dinge wie möglich unverändert bleiben. Konsistente Tagesabläufe, eine klare und verlässliche Erziehung sowie eine gute Abstimmung zwischen den Eltern bieten den Kindern Orientierung und Sicherheit. Dies hilft ihnen, mit der schwierigen Lebenssituation besser umzugehen und sich emotional zu stabilisieren. Wenn die Eltern selbst von ihren Gefühlen überwältigt sind und keine ausreichende Unterstützung für die Kinder bieten können, kann Hilfe von anderen Familienmitgliedern oder Therapeuten sehr entlastend wirken.
Humor als Mittel zur Bewältigung schwieriger Lebensthemen
Warum ist dieses schwere Thema dann ein wichtiger Teil dieser Komödie? Eine Tochter, die ihren Vater verloren hat, eine Mutter, die von allen Familienmitgliedern im Stich gelassen wird, ein Opa, der keine Zeit mit seiner Enkelin verbringen darf, weil er vorher Fehler gemacht hat – eigentlich ist diese Situation nicht zum Lachen. Sie ist traurig, schmerzhaft und voller Emotionen, die man nicht einfach so zur Seite schieben kann. Doch trotz des Schmerzes und der Trauer in dieser Erzählung, finden wir eine komische Perspektive, die diese Themen in einem völlig anderen Licht erscheinen lässt. Warum ist das so? Ein Zitat von Charlie Chaplin hat die Antwort: «Life is a tragedy when seen in close-up, but a comedy in long-shot.» Frei übersetzt also:
«Das Leben ist aus der Nähe betrachtet eine Tragödie, aber eine Komödie aus der Ferne.»Charlie Chaplin
Wenn man das Leben genau betrachtet, erscheint es oft düster und schwer. Das Leid scheint kein Ende zu haben. Ähnlich ist es in der Welt der Charaktere dieser Komödie, aber aufgrund der Art und Weise wie Komödien geschrieben und inszeniert werden, entsteht eine gewisse Distanz zwischen den Figuren und dem Publikum. Man fühlt nicht so sehr mit ihnen und identifiziert sich nicht in dem Maße, wie mit Figuren in einer Tragödie, die meistens sehr direkt und ohne den Filter des Humors dargestellt werden.
Humor ermöglicht, mit komplexen und schmerzhaften Aspekten des Lebens umzugehen und sich mit ihnen auseinanderzusetzen, ohne dass es zu überwältigend oder erdrückend wird. Auf diese Weise kann eine Komödie mehr tun, als einfach nur zu unterhalten. Sie kann eine tiefere emotionale Verbindung zu den Themen schaffen und ermöglicht, dass man auch in schwierigen Situationen Leichtigkeit, Hoffnung und Freude empfinden kann. So kann die Komödie, obwohl sie oberflächlich betrachtet oft leicht und humorvoll erscheint, einen sehr tiefgehenden emotionalen Wert haben und gleichzeitig eine Form von Trost bieten.
Viktoria Scharf
Impressum
HERAUSGEBER Stadttheater Bremerhaven
SPIELZEIT 2024/2025, Nr. 13
INTENDANT Lars Tietje
VERWALTUNGSDIREKTORIN Franziska Grevesmühl-von Marcard
REDAKTION Justine Wiechmann
QUELLEN
www.stark-familie.info/de/eltern/erziehen/trennungskinder/trennungsfolgen/
Die Texte «Inhalt» und «Inholt» sind Originalbeiträge von Viktoria Scharf für diesen Programmflyer.
Die Texte wurden zum Teil redaktionell gekürzt oder bearbeitet.
Urheber:innen, die nicht erreicht werden konnten, werden zwecks nachträglicher Rechtsabgeltung um Nachricht gebeten.