Zwei ältere Herren (Oberst Pickering und Prof. Henry Higgins) stehen neben einer jungen Frau (Eliza Doolittle) in gelben Mädchenkleidern. Die Frau spricht in einen technischen Apparat. Die Herren hören ihr zu.

My Fair Lady

nach Bernard Shaws Pygmalion und dem Film von Gabriel Pascal / Buch von Alan Jay Lerner / Musik von Frederick Loewe / Deutsch von Robert Gilbert /
in deutscher Sprache

PREMIERE 2. November 2024 // Großes Haus

VORSTELLUNGSDAUER: ca. 3 Stunden // eine Pause nach ca. 90 Minuten

geeignet ab 12 Jahren

Vorstellungstermine

23.11.2024 um 19:30 Uhr Karten
18.12.2024 um 19:30 Uhr Karten
21.12.2024 um 19:30 Uhr Karten
31.12.2024 um 15:00 Uhr Karten
31.12.2024 um 19:00 Uhr Ausverkauft
05.01.2025 um 15:00 Uhr Karten
09.01.2025 um 19:30 Uhr Karten
17.01.2025 um 19:30 Uhr Karten
07.02.2025 um 19:30 Uhr Karten
23.02.2025 um 19:30 Uhr Karten
08.03.2025 um 19:30 Uhr Karten
23.03.2025 um 15:00 Uhr Karten

Eliza Doolittle ist eine einfache Blumenverkäuferin aus einem Londoner Vorort mit starkem Dialekt. Zufällig begegnet sie dem Phonetiker Professor Henry Higgins. Dieser bietet Eliza an, sie durch Sprachtraining innerhalb weniger Monate für die höchsten Kreise der Gesellschaft fit zu machen. Eliza steht kurz vor der Erfüllung ihrer Träume auf ein besseres Leben, doch wird ihr die Starrköpfigkeit dieser neuen Schicht bald zu blöd. In Frederick Loewes 1956 uraufgeführter My Fair Lady werden Träume augenzwinkernd wahr, getragen von einer charmanten, warmen und Elizas Neugier und Optimismus atmenden Musik, deren Hits in die Geschichte eingingen.

MUSIKALISCHE LEITUNG Hartmut Brüsch, Tonio Shiga (21., 31.12. [15 Uhr], 5., 9., 17.1., 7.2.), Edward Mauritius Münch (23.2., 8., 23.3., 4.4.)
INSZENIERUNG Toni Burkhardt
BÜHNE Wolfgang kurima Rauschning
KOSTÜME Susana Mendoza
CHOREOGRAFIE Kati Heidebrecht
DRAMATURGIE Torben Selk
CHOR Edward Mauritius Münch, Mario Orlando El Fakih Hernández
LICHT Katharina Konopka

 

ELIZA DOOLITTLE Victoria Kunze
PROF. HENRY HIGGINS Dirk Böhling
OBERST PICKERING Kay Krause
ALFRED P. DOOLITTLE Ulrich Burdack
FREDDY EYNSFORD-HILL Andrew Irwin
MRS. HIGGINS Isabel Zeumer
MRS. PEARCE Iris Wemme-Baranowski
JAMIE / ZOLTAN KARPATHY MacKenzie Gallinger
HARRY Róbert Tóth
OBSTHÄNDLER Anton Kononchenko, Róbert Tóth, Masahiro Yamada
BUTLER / POLIZIST Masahiro Yamada
1. STUBENMÄDCHEN / KÖNIGIN VON TRANSSILVANIEN Kathrin Verena Bücher
2. STUBENMÄDCHEN Yvonne Blunk
MRS. EYNSFORD-HILL Elena Zehnoff
GEORGE Vladimir Marinov
LORD BOXINGTON / LAKAI James Bobby
LADY BOXINGTON Brigitte Rickmann
MRS. HIGGINS' ZOFE Katharina Diegritz
BLUMENMÄDCHEN Minji Kim

Opernchor des Stadttheaters Bremerhaven
Ballettcompagnie des Stadttheaters Bremerhaven
Philharmonisches Orchester Bremerhaven

 

REGIEASSISTENZ & ABENDSPIELLEITUNG
Annika Ellen Flindt, Florian Thiel
DANCE CAPTAIN BALLETT Melissa Panetta
DANCE CAPTAIN CHOR Annika Ellen Flindt
STUDIENLEITUNG Hartmut Brüsch
MUSIKALISCHE EINSTUDIERUNG Jorrit van den Ham, Tonio Shiga
INSPIZIENZ Mahina Gallinger
REGIEHOSPITANZ & FSJ KULTUR Tyler Wefer
THEATERPÄDAGOGIK Katharina Dürr

My Fair Lady

Musical von Alan Jay Lerner und Frederick Loewe

Handlung

1. Akt

Eliza Doolittle ist eine Blumenverkäuferin mit starkem Dialekt. Sie begegnet dem Phonetik-Professor Henry Higgins. Dieser wettet mit Oberst Pickering, er könne Eliza durch Sprachtraining für die höheren Kreise fit machen. Eliza zieht bei Higgins ein.
Ihr Vater Alfred Doolittle, ein notorischer Trinker, lässt sich mit fünf Pfund für seine Tochter entschädigen.
Eliza muss Higgins’ quälende Lehrmethoden durchstehen. Doch sie fruchten. Higgins lässt Eliza das Erlernte erstmals in Ascot beim Pferderennen ausprobieren. Dort lernt sie Freddy Eynsford-Hill kennen. Er verliebt sich in Eliza.  
Beim Botschaftsball weiß Eliza mit den Eigenheiten der Gesellschaft umzugehen.

2. Akt

Higgins und Pickering feiern sich wegen Elizas Erfolg. Eliza ist aber sauer. Es ging Higgins nie um ihre Person.
Sie trifft auf ihren Vater, der eine üppige Jahresrente geerbt hat. So viel Geld ... macht das glücklich? Eliza merkt, wie sehr sie sich von ihrem früheren Milieu entfremdet hat. Sie findet bei Higgins’ Mutter Zuspruch. Eliza droht Higgins, mit Freddy zusammenzuziehen und verlässt Higgins. Zu dessen Überraschung lässt ihn die Trennung nicht so kalt, wie er es erwartet hätte …

Es grünt so grün

So modern My Fair Lady auch anmutet, der Stoff geht auf die Antike und Ovids Pygmalion aus den Metamorphosen zurück. Ein von der Liebe enttäuschter Bildhauer meißelt sich eine Frauenstatue nach seinen Idealvorstellungen. Er begehrt sie und wünscht sich, sie werde real. Die Göttin Venus erfüllt Pygmalions Wunsch. Diese surreale Geschichte wurde u. a. vom Schriftsteller George Bernhard Shaw bearbeitet. 1913 am Wiener Burgtheater als Pygmalion uraufgeführt, aktualisierte Shaw die Geschichte. Schauplatz ist nicht mehr das mythische Zypern, sondern das London des frühen 20. Jahrhunderts. Und der Bildhauer ist nicht mehr Pygmalion, sondern der Phonetik-Professor Henry Higgins. Dieser macht das Blumenmädchen Eliza Doolittle für die Oberschicht fit. Wie in der Vorlage verliebt sich Higgins zwar in die Frau. Aber Higgins bemerkt es kaum. So spielt Shaw mit gesellschaftlichen Klischees und Konventionen und traf damit einen Nerv. Nach ersten Erfolgen schrieb er seine Komödie 1938 um zu dem Film Der Roman eines Blumenmädchens und erhielt einen Oscar für das beste Drehbuch.

Das Werk war begehrt. Auch unter Komponist:innen. Aber Shaw wehrte sich Zeit seines Lebens gegen eine Adaption fürs Musiktheater. Schlechte Erfahrungen mit Arms and the Man von 1894 gingen dem voraus. Oscar Straus nutzte das Werk als Vorlage für seine Operette Der tapfere Soldat. Doch Shaws Ursprungswerk verlor anschließend rapide an Publikum und Einnahmen. So lehnte Shaw 1921 auch Franz Lehárs Anfrage für eine Adaption von Pygmalion für eine Operette ab: «Pygmalion ist meine beständigste Einnahmequelle. Sie hat mich während des Kriegs vor dem Ruin bewahrt und bringt mir immer noch einen Penny jede Woche. Zuzulassen, dass eine komische Oper sie verdrängt, kommt nicht in Frage.»

Nach Shaws Tod 1950 öffneten sich der Kompositionsszene aber neue Möglichkeiten. Die Rechte waren nun frei. Frederick Loewe und Alan Jay Lerner, die zuvor einzig mit Brigadoon Erfolge feiern konnten, schlugen zu. Sie komponierten zunächst berühmte Musiknummern wie Ich hätt’ getanzt heut Nacht oder Weil ich weiß, in der Straße wohnst du. Die Nummern waren von Anfang an dafür gedacht, im Ohr zu bleiben und dem Werk einen Wiedererkennungswert zu verschaffen. Anschließend reicherten sie Shaws Vorlage um einige Schauplätze wie das berühmte Ascot-Pferderennen und eine Vielzahl neuer Figuren an. Amerikanische Elemente sind in der Musik etwa durch Synkopen, Blue Notes und Barbarshop-Quartette enthalten. An letzteres erinnert das Quartett zu Beginn der 3. Nummer Wäre dit nich wundascheen? Ansonsten ist das Werk mit seinen Melodien, Harmonien und seiner Instrumentation noch stark der europäischen Operette verpflichtet. Daher wurde das Werk hierzulande oft derart verstanden, ehe sich die Gattung Musical vor allem dank der Rock-Musicals um Jesus Christ Superstar in den 1970ern stärker profilierte.

«Für Professor Higgins werde ich immer ein Blumenmädchen sein, weil er mich seit jeher wie ein Blumenmädchen behandelt. Für Oberst Pickering werde ich immer eine Lady sein, weil er mich immer wie eine Lady behandelt.»
Eliza Doolittle

Für My Fair Lady aber lag das noch in weiter Ferne. Am 15. März 1956 am Broadway uraufgeführt, schufen Loewe und Lerner mit dem Werk eines der beliebtesten Musiktheaterwerke aller Zeiten. Allein die erste Produktion wurde in sechs Jahren 2.717 Mal aufgeführt. 1964 wurde das Werk verfilmt und 1965 mit acht Oscars ausgezeichnet. Der Film spielte den Warner-Bros.-Studios 72 Millionen $ ein. Für die Rechte selbst hat das Studio nur 5,5 Millionen $ ausgegeben. Auch wegen dieser Erfolge kennt man Shaws Pygmalion mittlerweile wohl eher wegen My Fair Lady – und nicht umgekehrt. Gut, dass Shaw diese Entwicklung nicht mehr miterleben musste.

Wäre dit nich wundascheen?

Machen Wohlstand und gesellschaftliches Ansehen glücklich? Dieser Frage geht das Team um Regisseur Toni Burkhardt, Bühnenbildner Wolfgang kurima Rauschning, Kostümbildnerin Susana Mendoza und Choreografin Kati Heidebrecht nach. Der Phonetik-Professor Henry Higgins trainiert Eliza Doolittle ihren Dialekt ab. Sie wird eine Dame höherer Kreise. Doch ist sie auch glücklich? Toni Burkhardt meint: «Eliza sah in dieser höheren Gesellschaft aus der Ferne zunächst etwas Funkelndes, Glitzerndes. Aber sobald sie ihr näherkommt, bemerkt sie deren harte Realität. Diese Welt ist oberflächlich. Es geht um Floskeln, Rituale, Sehen und Gesehen-Werden. Nichts ist emotional, zwischenmenschlich oder ehrlich. Bei aller Härte auf der Straße: Im Zweifel hat es immer jemanden gegeben, der auf sie aufgepasst hat. Allmählich wird sich Eliza dessen bewusst.» Auch Higgins ist im Grunde nicht glücklich mit dieser Welt. Nur scheint er im Gegensatz zu Eliza nie menschliche Nähe erfahren zu haben. Er versinkt in seinem akademischen Werk, seine Emotionen bleiben ihm verschlossen. Er quält Eliza. Doch sie öffnet ihm mit ihrer ehrlichen Art ein ungeahntes Tor, einen Weg zu seiner eigenen, von Riten und Zwängen erdrückten Gefühlswelt. Sie nähern sich einander an ...

Das Produktionsteam hebt auch den allgegenwärtigen Humor des Stücks hervor. Stepptänze und Gruppenchoreografien ahmen Elizas lebensfrohe Einstellung nach. Denn sie durchschaut die Verstocktheit der Upper Class instinktiv und weiß mit ihr zu spielen. Das hat sie von ihrem Vater Alfred, der seiner Faulheit mit einer liebenswerten Schlitzohrigkeit trotzt und sich irgendwie durchschlägt. Um seinen nächsten Kneipenbesuch finanzieren zu können, knöpft er Higgins fünf Pfund für Eliza ab. Fünf Pfund. Keinen Penny weniger. Aber och keenen mehr! So muss jede Figur einmal zeigen, was das Stück trotz allem Tiefsinn auszeichnet: Leichtigkeit, Freude und Humor.

Torben Selk

Kann denn die Kinder keiner lehren, wie man spricht?

Received Pronunciation

Die «RP», oder das «King’s English», gilt in Großbritannien als Dialekt der Oberschicht und ist aus den BBC-Nachrichten oder historischen Serien wie Downtown Abbey oder Bridgerton bekannt. Bei manchen Wörtern wie «chance», «bath» und «dance» wird das «a» betont und wie in «father» ausgesprochen.

Cockney

Das Cockney stammt aus der Londoner Arbeiterklasse im ärmeren East End. Dort hört man es noch bis heute. Das «th» verwandelt sich gerne in einen kurzen «f»-Laut. Aus «thanks» wird «fanks». Oder das «h» fällt weg. Aus «head» wird «ead».

Yorkshire

Zur Grafschaft Yorkshire gehören Städte wie Leeds oder Sheffield. Einer der größten Unterschiede zur «RP»: Wörter, die auf einem «i»-Laut enden, werden mit einem «eh» ausgesprochen. So wird aus «nasty» etwa «nasteh».

Brummie

Wer aus Birmingham stammt, spricht Brummie. In England gilt er als der hässlichste Dialekt. Ein Stereotyp? Denn Ausländer halten ihn oft für warm und melodisch. Aus dem «ey»-Laut in «take» etwa wird «ai» wie «taik». Das «ai» in «like» wiederum wird gerne zu «oi» wie «loik».

Scouse

Das nasale Scouse sprechen Liverpooler. Aus dem «ä» wie in «back» etwa wird ein «ah»-Laut. Und aus dem «k» fast das deutsche «ch». So wird «back» nicht wie «bäck» ausgesprochen, sondern wie «baach».

Impressum

HERAUSGEBER Stadttheater Bremerhaven
SPIELZEIT 2024/2025, Nr. 8
INTENDANT Lars Tietje
VERWALTUNGSDIREKTORIN Franziska Grevesmühl-von Marcard
REDAKTION Torben Selk

QUELLEN

Gabrebian, Keith: Lerner and Loewe’s My Fair Lady. New York 2016.
McHugh, Dominic: Loverly. The Life and Times of My Fair Lady. New York 2012.
Ovid: Metamorphosen. Ditzingen 2018.
Shaw, George Bernhard: Pygmalion. Suhrkamp 2023.

Die Texte «Handlung», «Es grünt so grün», «Wäre dit nich wundascheen» und «Kann denn die Kinder keiner lehren, wie man spricht?» von Torben Selk sind Originalbeiträge für diesen Programmflyer. Zitate und Auszüge aus Gedichten wurden teils redaktionell bearbeitet.

Urheber:innen, die nicht erreicht werden konnten, werden zwecks nachträglicher Rechtsabgeltung um Nachricht gebeten.

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Besetzung

Ein Mikrofon mit Popschutz.

Prolog

Kurzeinführung zum Stück

Prolog

Kurzeinführung zum Stück

Einleitung zum Stück als Audio-Datei

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Probeneinblick

«Weil ich weiß, in der Straße wohnst du»

Probeneinblick

«Weil ich weiß, in der Straße wohnst du»

Andrew Irwin schlüpft in die Rolle des Freddy Eynsford-Hill und singt «Weil ich weiß, in der Straße wohnst du». Er wird von Tonio Shiga am Klavier begleitet und Iris Wemme-Baranowski ist als Mrs. Pearce zu sehen.

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Aus der Kostümwerkstatt

Die Hüte für Ascot

Aus der Kostümwerkstatt

Die Hüte für Ascot

Die wundervollen Hüte für die Ascot-Szene wurden nach den Entwürfen der Kostümbildnerin Susana Mendoza in der Schneiderei und Maske gestaltet.

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Aus der Kostümwerkstatt 2

Die Kostüme für «My Fair Lady»

Aus der Kostümwerkstatt 2

Die Kostüme für «My Fair Lady»

Die wundervollen Kostüme für die Produktion wurden nach den Figurinen der Kostümbildnerin Susana Mendoza in der Schneiderei gestaltet.

 

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Portraitfoto von Toni Burkhardt. Er hat kurze dunkle Haare, einen Bart und trägt eine schwarze runde Brille.

Regisseur Toni Burkhardt im Gespräch

Regisseur Toni Burkhardt im Gespräch

England und Märchenkostüme der Jahrhundertwende – bei My Fair Lady gibt es klare Vorstellungen in Bezug auf die Verortung ...

Wir modernisieren nicht auf Biegen und Brechen. Trotzdem haben wir uns gefragt: Kann man es nicht auch zeitloser gestalten? Deswegen haben wir uns bei der Bühne dazu entschieden, assoziativer zu arbeiten. Es gibt viele Schauplatzwechsel: Blumenmarkt, Oper, das Higgins-Studio, eine typisch englische Backsteinstraße … Wir deuten diese Räume durch Zitate an. Ein zentrales Element dafür ist der Trichter eines Grammofons von den Sprachexperimenten. Er symbolisiert die Welt von Higgins. Von hinten betrachtet wirkt es wie eine große Blume, die als Symbol für den Blumenmarkt dient. So erschaffen wir eine symbolische Welt, die nicht eins zu eins versucht, einen Realismus nachzuahmen. Dazu deuten Projektionen im Hintergrund das genaue Umfeld noch einmal an. In Ascot etwa sieht man eine Zeichnung des Pferderennens. Auch die Kostüme gestalten wir zeitloser, bewegen uns von den 1940ern bis zu den 1970ern.

Stichwort Zeitlosigkeit: Das Stück behandelt viele Themen, die auch heute noch aktuell sind. Gesellschaftlicher Aufstieg, die Rolle der Sprache für die eigene Identität … Worauf habt ihr euren Schwerpunkt gelegt?

Diese Themen sind immer latent vorhanden. Auch der Feminismus, wenn Eliza sich erfolgreich gegen die Quälerei von Higgins wehrt. Mich fasziniert vor allem die Frage: Macht mich Wohlstand allein glücklich? Eliza gelingt der Aufstieg vom Blumenmädchen in die hohe Gesellschaft. Sie sieht in dieser Welt aus der Ferne zunächst etwas Funkelndes, Glitzerndes. Aber sobald sie ihr näherkommt, bemerkt sie deren harte Realität. Diese Welt ist blutleer. Es geht um Floskeln, Rituale, Sehen und Gesehen-Werden. Um Oberflächlichkeiten. Nichts ist emotional, zwischenmenschlich oder ehrlich. Allmählich wird sich Eliza dessen bewusst. Was ihr fehlt, ist jene Wärme und Zuneigung, die sie noch von früher kennt. Bei aller Härte auf der Straße: Im Zweifel hat es immer jemanden gegeben, der auf sie aufgepasst hat. Und sie will auch wieder zurück. Sie geht im 2. Akt noch einmal zum Blumenmarkt. Aber dort merkt sie, dass sie nicht mehr dazugehört. Und mit ihrer neuen Welt wird sie nicht warm. An diesem Punkt ist sie maximal unglücklich. Wie bei uns. Wir träumen immer: «Ach, wenn ich Geld hätte, oder das machen könnte …» Aber was wir dafür aufgeben müssen, reflektieren wir häufig nicht.

Wesentlich für Elizas Aufstieg ist ihr Einzug und Unterricht beim Phonetik-Professor Henry Higgins. Wie würdest du deren Verhältnis beschreiben?

Ich denke, sie ergänzen sich gegenseitig. Eliza ist in eine arme Schicht geboren worden und verkauft Blumen, um sich selbst nicht verkaufen zu müssen. «Ich habe immer Blumen verkauft, nie meinen Körper!», sagt sie. Insofern kann Higgins Eliza mehr materielle Sicherheit geben. Eliza kann Higgins aber noch viel mehr geben. Nämlich Liebe und Zwischenmenschlichkeit. Seine Gesellschaftsschicht ist vollkommen gefühlskalt, lieblos, sehr affektiert, auf Riten und Konventionen bedacht. Es gibt kein Miteinander oder intensive Mutterliebe. Kinder werden von Ammen erzogen. Liebe oder Zuneigung, sich auf Augenhöhe mit jemandem auseinandersetzen, Kompromisse finden, aufeinander eingehen, auf Gefühle achten … Das hat Higgins nie gelernt. Und im Grunde ist er mit dieser Gesellschaft auch nicht glücklich. «Junge, du bist ja nicht mal für Ascot angezogen», sagt seine Mutter. Upper Class Tea Time, Küsschen hier, Küsschen da … Das ist nichts für ihn. Stattdessen versinkt er in seinem akademischen Werk. Er habe seinen Beruf zum Hobby gemacht, sagt Higgins einmal. Aber er braucht keinen Beruf. Geld hat er genug.

Trotzdem will er bis zuletzt nicht erkennen, was Eliza ihm alles ermöglicht. Er quält sie mit seinen Lehrmethoden, bleibt ihr gegenüber kalt … Nach außen verneint er seine Gefühle für sie. Für Higgins ist das gefährlich. Er muss raus aus dieser kalten Welt. Und es gibt auch einige wenige Momente, in denen er aus sich rauskommt. Etwa in Es grünt so grün, als Eliza zum ersten Mal etwas richtig aussprach und Higgins sich in Euphorie völlig vergessen hat. Dann tanzen sie zusammen mit Pickering, laufen jubelnd durch das Studio. Hier kann Eliza hinter seine Fassade gucken. Und in diesen Menschen hat sie sich auch verliebt.

Das klingt, als wolltet ihr einen glücklichen Schluss …

Wir lassen Eliza Higgins zum Schluss noch einmal die Hand reichen. Das ist seine Chance, seine Muster hinter sich zu lassen. Dabei ist Eliza diejenige, die die Stärke und den Charakter hat, Higgins noch einmal die Arme zu öffnen. Allerdings unter der Prämisse, dass er sich bewegen muss. Das muss für uns so sein, sie darf sich nicht fügen. Bei all diesen Themen muss man zugleich sagen: Es ist eine Komödie. Lerner und Loewe haben viel von Shaw übernommen. Auch dessen ironischen Umgang mit all diesen Themen. Shaws Humor ist überall. Es gibt viele Shownummern, viel Wortwitz, eine leichtherzige Musik. Das ist die Stärke des Stücks. Es bietet eine ganze Menge gute Unterhaltung, die diesen Drahtseilakt zwischen guter Show, einem schallendem Lachen und tiefer Betroffenheit hinbekommt.

Die Fragen stellte Torben Selk.

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Video Screenshot. Kati Heidebrecht steht im Ballettsaal in der ersten Position.

Choreografin Kati Heidebrecht im Gespräch

Choreografin Kati Heidebrecht im Gespräch

Wir haben mit Choreografin Kati Heidebrecht über ihre Arbeit an My Fair Lady gesprochen. Im Interview verrät sie, wie sie den gesellschaftlichen Status der Figuren durch einfache Gesten sichtbar macht und wie sich die Entwicklung der Hauptfigur Eliza auch in ihren Bewegungen widerspiegelt.

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